Schon beim Anblick eines gähnenden Menschen müssen die meisten Menschen instinktiv mitgähnen. Noch immer forschen Wissenschaftler nach der genauen Ursache für dieses Phänomen. Schließlich ist bisher nicht bekannt, welchem Zweck das Gähnen wirklich dient. Fest steht jedoch, dass das Gähnen – wie auch das Lachen – ein bei Menschen universell vorkommendes Verhalten darstellt, das überall auf der Welt und bei beiden Geschlechtern gleich häufig auftritt.
Auf den Spuren des mysteriösen Alltagsphänomens
Das mysteriöse Phänomen begegnet uns in den verschiedensten Alltagssituationen: wir tun es zum Beispiel, wenn wir müde sind oder wir Hunger haben, wenn uns langweilig ist und manchmal auch ohne jeden offensichtlichen Grund. Beim Gähnen reißen wir den Mund weit auf und atmen dabei tief ein und aus. Dadurch versorgen wir den Körper mit einer Extra-Portion an frischer Luft und somit mit neuer Energie.
In Situationen, in denen wir müde sind oder uns langweilig ist, versuchen wir mit Hilfe des Gähnens, den trägen Geist wieder in Schwung zu bringen. Doch Experimente aus der Vergangenheit zeigten schon 1987, dass der häufig als Grund genannte Sauerstoffmangel in keinerlei Verbindung mit dem Gähnen steht.
Was bewirkt das Gähnen?
Im Jahre 2010 trafen sich einige Wissenschaftler zum ersten Mal in Paris zu einem Gähn-Kongress. Sie stellten fest, dass das Gähnen ein wahres Phänomen ist, dessen Geheimnis sie nicht ohne Weiteres auf die Schliche kommen würden. Eine ihrer Theorien besagt, dass das Phänomen auftritt, um unser Gehirn abzukühlen. Angst und Stress würden demnach das Gehirn erhitzen. Durch die intensive Frischluftzufuhr könne man das Hirn kurzfristig wieder um etwa 0,1 Grad herunterkühlen.
Einig sind sich die Wissenschaftler mittlerweile, dass Gähnen kein Reflex ist, da es keine schnelle und kurze Antwort auf einen einfachen Reiz ist. Häufig gähnen wir, während wir uns gleichzeitig strecken. Dabei werden etliche Gelenke und Sehnen gedehnt, während sich der Blutdruck und der Herzschlag kurzzeitig erhöhen. Ob nach dem Aufwachen, vor dem Schlafengehen oder wenn wir hungrig oder gestresst sind – es gibt zahlreiche Situationen, in denen wir einfach gähnen müssen – ob wir wollen oder nicht.
Warum ist Gähnen ansteckend?
Jeder kennt das Phänomen: Sobald jemand gähnt, dauert es meist nicht lange, bis man ebenfalls den Drang hat, den Unterkiefer zu öffnen und mitzugähnen. Dieses Phänomen beschränkt sich nicht nur auf die persönliche Anwesenheit eines Gähnenden. Vielmehr reicht es oftmals schon, das Wort „Gähnen“ irgendwo zu lesen oder in einem Bericht im Fernsehen zu hören. Und ehe wir uns versehen, stimmen wir dem mit ein.
Verantwortlich dafür könnten die sogenannten Spiegelneuronen sein. Dies sind Nervenzellen im Gehirn, die maßgeblich an der Nachahmung von betrachteten Handlungen beteiligt sind. Weder beim Lachen noch beim Weinen noch bei anderen vergleichbaren körperlichen Mechanismen fand man bisher Gemeinsamkeiten. Lange glaubten die Wissenschaftler, dass das Gähnen ein Ausdruck des Mitgefühls und daher so ansteckend sei. Doch auch diese Theorie ist bis heute nicht wissenschaftlich belegt.
Kann man sich gegen das Gähnen wehren?
Es dürfte äußerst schwierig sein, sich gegen den Mechanismus des Gähnens zu wehren, da der Körper ohne Ankündigung instinktiv den Mund aufreißen will. Manch einer macht dazu passende Gähn-Geräusche, während andere lieber lautlos den Mund öffnen. Und noch andere versuchen es sogar ganz und gar zu unterdrücken, vor allem dann, wenn es in scheinbar vollkommen unpassenden Situationen auftritt. Interessant ist: Je mehr wir versuchen, das Gähnen zu unterdrücken, desto stärker wird der Drang danach, es doch zu tun.
Vielleicht schaffen wir es aber, einige Gähner tatsächlich zu unterdrücken. Doch die meisten der etwa 240.000 bis 250.000 Mal, die wir im Laufe unseres Lebens gähnen, wird der Drang danach, die Augen zuzukneifen und herzhaft den Mund aufzureißen, sicherlich stärker sein.
Übrigens: Tiere gähnen ebenso wie wir Menschen am liebsten morgens nach dem Aufwachen und abends vor dem Schlafengehen.