Jedem, der schon einmal Urlaub am Meer gemacht hat, wird das Phänomen der Gezeiten bekannt sein: der regelmäßige Wechsel zwischen Ebbe und Flut. Ebenso hat der ein oder andere vielleicht schon einmal gehört, dass sich dahinter eine Art Wechselspiel mit dem Mond verbirgt. Aber wie genau funktioniert das – und warum gibt es die Gezeiten überhaupt? Wir finden es heraus!
Gravitationswirkung von Mond und Sonne
Die sich wiederholende Ebbe und Flut der Gezeiten wird durch die Gravitationswirkung der Sonne und des Mondes auf der Erde erzeugt. Wie auch die Erde, üben alle Körper von Masse ein Gravitationsfeld aus. Dieses Feld ist proportional zur jeweiligen Größe des Körpers bzw. der Materie. Die Sonne, die viel größer ist als der Mond, hat dementsprechend auch eine viel stärkere Gravitationskraft.
Die Wirkung der Schwerkraft auf einen anderen Körper ist aber auch von der Entfernung zu einander abhängig. Der Mond, der unserem Planeten näher ist, nimmt dadurch am meisten Einfluss auf die Erde und ihre Gezeiten. Die Gravitationswirkung des Mondes ist sogar beinahe doppelt so groß wie die der Sonne.
Gehen wir nun etwas mehr ins Detail: Der Mond verursacht die Gezeiten, weil er ein Gravitationsgefälle erzeugt, das als Gezeitenkraft bezeichnet wird. Wie wir bereits geklärt haben, steigt die Anziehungskraft bei abnehmender Entfernung zum Massekörper. Das bedeutet wiederum, dass einige Bereiche auf der Erdoberfläche, die sich näher am Mond befinden, eine größere Anziehungskraft erfahren als Bereiche, die weiter entfernt sind.
Ellipse & Sogwirkung – die Physik hinter dem Naturphänomen
Da der große blaue Ozean einen großen Teil der Erdfläche bedeckt, wirken die besprochenen Kräfte enorm auf ihn ein. Zum einen ist es die eigene Erdanziehungskraft unseres Planeten, zum anderen die Gravitationskraft des Mondes, die auf die Gezeiten Einfluss nimmt. In Bereichen, die etwa 90 Grad vom Mond aus zu verorten sind, ergibt sich aus diesem Wechselspiel der Kräfte eine Sogwirkung. Der Gravitationsunterschied bildet eine Ellipse, wobei das Wasser in Richtung Erdmondlinie gedrückt wird. Allerdings ist diese Kraft sehr gering.
Dennoch ist die Kraft der Gezeiten stark genug, um sich über eine große Entfernung hinweg, wie z.B. die Oberfläche des Ozeans, voll zu entfalten. So kommt es letztlich doch zu einem spürbaren Unterschied.
Während sich die Erde dreht, bleibt diese Wasser-Ellipse immer gen Mond ausgerichtet, so dass sich die Lage der beiden Wölbungen im Laufe des Tages ändert. Es sind die besprochenen Wasserwölbungen, die wir als Flut erleben. Im Gegensatz dazu steht die Ebbe der Flut nach einer Erdumdrehung von 90 Grad gegenüber. Die Erde braucht einen Tag, um eine Umdrehung zu vollenden. In dieser Zeit „wandert“ die Wasser-Ellipse förmlich über den Erdball. Daraus ergeben sich zwei Hoch- und zwei Niedrigwasser im Laufe eines Tages oder Gezeitenzyklus. Diesen Vorgang nennt man auch halbtäglichen Gezeitenzyklus. Wenn die Erde vollständig mit Wasser bedeckt wäre, gäbe es nur halbtägliche Gezeiten. Allerdings blockieren die Kontinente die Gezeitenzyklen und nehmen so ebenfalls Einfluss auf die Gezeitenamplitude.
Regelmäßigkeit des Gezeitenzyklus
Es gibt auch gemischte Gezeiten – diese sind eine Mischung aus Halbtages- und Ganztages-Gezeiten. Neben den klassischen Gezeitenmustern können hier die Kontinente und die Geographie der Küste auch die durchschnittliche Gezeitenamplitude beeinflussen. Ein Gezeitenzyklus entspricht nicht ganz genau einem Tag, was der Mondumrundung zu schulden ist. So dauert ein vollständig durchlaufener Gezeitenzyklus etwa 24 Stunden und 50 Minuten. Das bedeutet wiederum, dass jede Flut 50 Minuten später kommt als am Vortag. Da es etwa einen Monat dauert, bis der Mond die Erde umkreist, gibt es auch monatliche Muster im Gezeitenzyklus. Hier macht sich nun auch die Gravitationswirkung der Sonne bemerkbar.
Übrigens gibt es in bestimmten Jahren eine sogenannte Schaltsekunde. Da die Gezeiten Ebbe und Flut die Drehung der Erde minimal, aber stetig ausbremsen, hat man die zusätzliche Schaltsekunde ins Leben gerufen, mit derer Hilfe die Weltzeit wieder an die astronomische Zeit angepasst werden kann.
Springflut und Nippflut erklärt
Wenn Sonne, Mond und Erde in einer Linie zu einander stehen, ist ein Neumond oder Vollmond sichtbar. Während dieser Zeit sind die Gravitationseffekte der Sonne und des Mondes additiv, wodurch die höchsten Fluten und die niedrigsten Ebben während des Monats entstehen. Dieses Naturphänomen wird auch als Springflut bezeichnet.
Wenn sich Sonne und Mond in einem Winkel von jeweils 90 Grad zur Erde gegenüberstehen (Halbmond), sind ihre Gravitationskräfte entgegengesetzt. Da der Mond die dominierende Kraft ist, wird er zwar immer noch auf die Flut ausgerichtet sein, die gegensätzliche Wirkung der Gravitationskraft der Sonne führt jedoch zu den schwächsten Gezeiten und den höchsten Ebbezeiten des Monats. Der Fachbegriff hierfür lautet Nippflut. Nippfluten und Springfluten kommen jeweils zweimal in einem Mondzyklus vor – sie kommen und gehen mit den vier Vierteln der Mondphase.
Zusammenfassung zu den Gezeiten
Schließlich ist es das Zusammenspiel der Bewegungen und Gravitationskräfte der Erde, des Mondes und der Sonne, die die Gezeiten verursachen. Je nach dem Stand des Mondes verändert sich auch die Intensität der Ebbe und Flut – bei Vollmond haben wir sehr starke Fluten, bei Halbmond wiederum sehr starke Ebben.